Der Umgang von Nicht-Ukrainern mit den wechselnden staatlichen Behörden
Die revolutionäre Ukraine erlebte eine Reihe von Regimewechseln – von den nationalukrainischen Regierungen über die russischen Weißgardisten bis hin zur Sowjetregierung. Jedes Regime entwarf und institutionalisierte eine neue nationale Hierarchie und versuchte, sie der Bevölkerung aufzuzwingen. Wir untersuchen, wie die nationalukrainischen Regierungen Nichtukrainer zu einer Minderheit machten und wie die Herrschaft der Weißgardisten die vorrevolutionäre Weltanschauung wieder einführte, in der Ukrainer als Teil einer dreieinigen russischen Nation verstanden wurden. Vor diesem Hintergrund untersuchen wir die Akzeptanz und Ablehnung der jeweiligen Regimes durch die nichtukrainische Bevölkerung. Um das Zusammenspiel der einfachen Bevölkerung mit der offiziellen Nationalitätenpolitik zu verstehen, ist es außerdem von entscheidender Bedeutung, die Prozesse der Identifizierung und Zuschreibung von Nationalität zu untersuchen. Eine Untersuchung lokaler Praktiken kann das flexible und situative Verhalten von Personen aufzeigen, die sich temporär bewusst für eine „vorteilhaftere“ nationale Zugehörigkeit entschieden, und im Gegensatz zu staatlichen Bemühungen stehen konnten, die vermeintlich korrekte nationale Zugehörigkeit zu etablieren.
Die wichtigsten Forschungsfragen dieses Arbeitspakets lauten: In welchem Umfang haben nicht-ukrainische Parteien mit den nationalukrainischen Regierungen zusammengearbeitet: wann, wie lange und zu welchem Zweck? Auf welchen früheren Erfahrungen bauten sie ihre Beziehungen zu den wechselnden Regimen auf? Wie und nach welchen Kriterien haben diese wechselnden Regime die Bevölkerung in Nationen eingeteilt, und wie haben die Menschen auf diese offizielle Kategorisierung reagiert?